„Oft ist es die Distanz zur Nähe, die gerade die Nähe und das Vertrauen schafft! Um das schätzen zu können, in dem Du bist, musst du es verlassen!“, schien der Kleine Schatz die Gedanken und Gefühle Gonginas gelesen und ausgesprochen zu haben. „Liebe entsteht erst aus der Sehnsucht nach dem, was man vermisst!“

 Zitat aus „Traumwelten“ – Seite 32

 

Ein jeder, der seinen Geburtsort verlässt, um die große weite Welt kennenzulernen, kennt Momente, wo die Distanz zur Nähe gerade die Nähe und das Vertrauen entstehen lassen. Im Heimatland, in der Geburtsstadt oder in dem Dorf war mehr oder weniger alles bekannt. So fühlte sich ein jeder beschützt und geborgen. Viele trauen sich diesen Schritt nicht zu. Sie bleiben ein Leben lang an ihrem Geburtsort, weil ihnen alles andere mehr oder weniger Angst macht. Doch es gibt auch viele, die ihre Angst vor Nähe mit in die große weite Welt nehmen, um genaugenommen niemals wirklich anzukommen! Es muss aber keine dauerhafte Trennung sein! Manchmal reicht es aus, auf einen Berg zu steigen, auf einen Kirchturm oder Aussichtspunkt, um die Schönheit die einen umgibt, würdigen und sehen zu können. Wichtig dabei ist, dass eine Distanz zwischen uns und diesem Ort geschaffen wird. Dieses „Heraustreten“ aus dem Gewohnten erzeugt oft Gefühle der Freude und Zugehörigkeit, und oft kehren dann Menschen dankbar ins Zentrum ihres Lebens zurück, nun wissend, die richtige Wahl und Entscheidung getroffen zu haben, weil sie sich dort wohlfühlen! Auch kann es dazu kommen, diese Distanz nicht ertragen zu können, weil einem die Häuser, Straßen und Menschen fehlen.

 

Weiter heißt es: „Liebe entsteht erst aus der Sehnsucht nach dem, was man vermisst!“ Dieser Satz steht diametral (zu 180° entgegengesetzt) zum allgemeinen Verständnis dessen, was unter „Liebe“ verstanden wird! Im gewöhnlichen Verständnis dient die Liebe dazu, unsere Bedürfnisse in der einen oder anderen Form mehr oder weniger zu „befriedigen“. So lieben wir einen anderen Menschen, weil uns seine Anwesenheit beruhigt oder uns glücklich macht. Wir lieben ihn, weil er in uns ganz besondere Gefühle der Nähe und des Vertrauens erzeugt. Und wir lieben diesen Menschen, weil wir bereit sind, uns ihm gegenüber „teilweise“ zu öffnen, um uns mit ihm „teilweise“ zu vereinigen. Warum schreibe ich „teilweise“? Jede Frau kennt an ihrem Mann Verhaltenszüge, die sie verflucht und zur Weißglut bringt. Und ein jeder Mann kennt das von seiner Frau! Wahre Liebe sagt: „Ja, so ist er/sie, und ICH liebe ihn/sie dafür, dass er/sie so ist!“ Kurz: Die gewöhnliche Liebe, die einen Vorgeschmack auf die wahre Liebe sein kann, wird im Tumult des Alltags verbraucht, um sich dort als „Gewohnheit der Gemeinschaft“ zu manifestieren! Nach maximal drei Jahren ist die Kerze der Liebe abgebrannt, um sich dann in einer verfestigten Beziehung mehr oder minder aufzulösen! Nach mehr als drei Jahren Zusammengehörigkeit sagen die leuchtenden Augen beider zwar immer noch: „Ich liebe Dich!“ … meinen aber: „Ich brauche Dich!“ Und, auch, wenn das niemand gerne liest, hat sich die Liebe in einen „Vertrag“ verwandelt, der beiden helfen soll, ihre Bedürfnisse zu befriedigen.

 

Von „Sehnsucht“ war bisher nicht die Rede! Es war nur die Rede von einer Liebe, die unsere Bedürfnisse zu erfüllen hat, bis sie ihr warmes Licht gegen die kalte Gegenwart der Gewohnheit getauscht hat! Das heißt nun aber nicht, dass das immer und überall der Fall ist! Es gibt Beziehungen, die immer weiter an sich arbeiten, weil sie sich nicht mit dem „Gewöhnlichen“ zufriedengeben. Sie spüren in sich und im Partner, dass da etwas noch immer nicht stimmt. Und genau das ist die Stimme der Sehnsucht! „Schatz! Bitte hilf mir, glücklich und zufrieden zu sein, weil ich es noch nicht bin!“ Dabei geht es nicht um Quantität, wie Reichtum oder Status, noch geht es um Verhaltensweisen des Partners! Es geht um das Erleben innerer Qualität! Es gibt nicht sehr viele Beziehungen, die über diesen Anspruch hinausführen!

 

Um aber überhaupt lieben zu können, statt immer „irgendwie zu lieben“, bis die Liebe erloschen ist, braucht es die Distanz zum eigenen „Ich“, die die Nähe und das Vertrauen hervorbringt. „Ich bin mir selbst immer so nahe, dass das Gefühl entsteht, ich kenne mich!“ Sich von sich selbst zu trennen, erzeugt Gefühle der Nähe und des Vertrauens. Auch findet sich da eine Angst, von der niemand weiß, woher sie kommt. Sie kommt daher, dass wir uns nicht kennen! Wie jede Frau und jeder Mann sehen wir in uns etwas, was nicht zu uns zu passen scheint … und oft wollen wir es nicht sehen … und sehen wir es, lehnen wir es ab! Wir brauchen nicht wirklich einen Partner im Leben, weil wir selbst lernen müssen, mit uns selbst in einer Partnerschaft zu leben! Das meiste, was wir im psychologischen Bereich wegschieben, beeinflusst uns mehr, als die offensichtlichen Probleme, die wir vor uns herschieben! Genaugenommen werden wir angetrieben durch eine Sehnsucht, derer wir uns nicht bewusst sind! Gewöhnlich nennen wir diese „Sehnsucht“ … „Unzufriedenheit“, und projizieren diese sofort auf den Bildschirm der Realität, der alles Mögliche möglich machen soll, um dieser „Unzufriedenheit“ dazu zu verhelfen, sich in „Zufriedenheit“ zu wandeln. Glücklich sein indes ist aber etwas Anderes! Wenn jemand glücklich ist, steht er genaugenommen kurz davor, lieben zu können! Die meisten suhlen sich dann in Selbstzufriedenheit, und verlieren den Kontakt zur Realität! In der Liebe aber gibt es kein „Selbst“, weil sie die Energie der Vereinigung ist! Und da kann es nur das reine Gefühl und Empfinden dessen geben, was geschieht, oder es entsteht ein Gefühl des „Wir“ … wobei da aus zweien oft viele Millionen Menschen werden können!